- Fertigstellung: 15.12.2018
- Kategorie: Holz 2019
- Unternehmen: Tectum Holzbau GmbH
Am Rande der mittelalterlichen Stadt Landshut, inmitten einer Handwerkersiedlung am steilen Hang der Burg Trausnitz liegt eines der ältesten noch erhaltenen Häuser aus dem Jahre 1496.
Das denkmalgeschützte Handwerkerhaus wurde über mehr als 500 Jahre ergänzt und abgeändert. Dennoch sind die ursprüngliche Blockkonstruktion mit klar gegliedertem Erdgeschoss und darüberliegendem Stüberl sowie das Kehlbalkendach und der tennenartige rückwärtige Teil des Gebäudes in ihrer Struktur bis heute erhalten.
Einige sehr frühe Eingriffe, wie etwa der Einbau einer gemauerten Feuerstelle mit Kamin und die teilweise Unterkellerung, hatten starke Verformungen des Baukörpers zur Folge. So neigten sich die Dachbinder fast um ein ganzes Sprungmaß zum südlichen Giebel, der gesamte vordere Blockbereich setzte sich um mehr als 70 cm.
Häufige Besitzerwechsel mit Modernisierungsversuchen in den letzten Jahrzehnten führten zu weiteren Schäden vor allem am Dach und den Blockwänden. Erst als ein neuer Eigentümer in enger Zusammenarbeit mit der Architektengemeinschaft Wager Gärtner Knoch, dem Denkmalamt und der Firma Tectum Holzbau ein umfassendes Sanierungskonzept entwarf wurde absehbar, dass das Objekt entsprechend seiner ursprünglichen Funktion und in seinem historischen Erscheinungsbild wiederhergestellt werde sollte.
Als erste Maßnahme musste am südlichen Giebel eine Notabstützung errichtet werden, da die Binder auf die Straße zu stürzen drohten. Schon diese von uns ausgeführte Konstruktion mit Abstrebungen aus Fichtenstämmen erregte die Aufmerksamkeit und das Interesse der Landshuter Bürger und markierte einen Baubeginn, der ein ansehnliches und außergewöhnliches Ergebnis erwarten ließ.
Das Gebäude wurde abgelastet und im Inneren durch konstruktive Windverbände, Streben, Stützen und verbolzte Blocksicherungen stabilisiert.
Nach der Unterfangung des Kellers und der stark abgesunkenen Gebäudebereiche durch Pfahlgründungen und der Errichtung einer Stahlbetonbodenplatte begannen wir mit der schrittweisen Rückverformung des Gebäudes über mehr als 20 Hebepunkte. Die Dachbinder wurden stabilisiert und aufgerichtet. Es gelang uns eine Rückverformung in die nahezu ursprüngliche Position, wobei eine horizontale Verschiebung des Blockbauses um 30 cm nötig wurde, um den Bruch in der mittigen Querachse zu schließen.
Die darauffolgende Sanierung der Dachbinder umfasste die querschnittsgleiche Ergänzung der durch Fäulnis geschädigten Querschnitte, wobei alle Verbindungen nach den ursprünglichen zimmermannsmäßigen Details ausgeführt wurden. Zerrbalken und Fußpfetten wurden ebenso ergänzt oder erneuert. Die statische Ertüchtigung der gesamten Dachkonstruktion erfolgte über Aufdopplung der Sparrenquerschnitte mit in dieser Lage integrierten Windverbänden aus Holzbohlen.
Die Blocksanierung forderte alles an zimmermannsmäßigem Können und handwerklichem Geschick. So wurde Balken für Balken auf Schäden geprüft und unter maximal möglicher Erhaltung der originalen Strukturen ergänzt, ausgerichtet und wieder angearbeitet. Es entstanden reihenweise neue und in zu erhaltende Verbindungsfragmente eingepasste Eckschlösser, Verkämmungen, Zapfenverbindungen und viele weitere Anschlüsse nach den historischen Mustern.
Auch die Ortgang- und Traufausbildung sowie die Wiederherstellung von Verkleidungen und Belägen erfolgte nach den aus dem Bestand rekonstruierten Vorbildern. Bei der Verschalung der oberen Giebeldreiecke wurde wie im Vorbild auf das parallele Besäumen der Bretter verzichtet, die Dachränder wurden in Vollholz ausgeführt, Kastenfenster und Türen wurden original angearbeitet.
Bei nichttragenden Bauteilen und Einbauten wurden die geschädigten Ränder lediglich konserviert, zu schließende Lücken wurden durch farblich abgesetzte Holzbauteile hinterlegt.
Die Zimmererarbeiten zur Sanierung des Anwesens Am Graben 23 erstreckten sich über einen Zeitraum von 10 Monaten. Sie bedeuteten für das Team von Tectum Holzbau sowohl eine außergewöhnliche fachliche Herausforderung als auch eine große Freude an der handwerklichen Arbeit.