- Fertigstellung: 07.06.2017
- Kategorie: Holz 2018
- Unternehmen: Statik-Planung-Holzbau-Treppenbau Uwe Walzenbach
Das Waaghäusle steht im Ortskern von Lindflur, einem Dorf in der Nähe von Würzburg. Dort bildet es zusammen mit Kirche, Pfarrhaus, Brunnen und Teich den Mittelpunkt des Ortes. Die Geschichte der Sanierung ist wahrscheinlich ähnlich wie bei vielen Projekten: nach Jahrzehnten ohne Nutzung und damit ohne Pflege kam es zu Schäden und Verfall. Dann wurde das Gebäude saniert und erstrahlt wieder wie neu.
Wie neu? Ich glaube nicht, daß es besonders gestrahlt hat, als es „neu“ war. Es wurde als reiner Zweckbau errichtet, und zwar mit Baumaterial, das man günstig bekommen hat und das zufällig vorhanden war. Es wurde in eine Nische in der Kirchofmauer gezwängt, weil dort gerade Platz war.
Aber das macht das Waaghäusle zu etwas Besonderem, einem Sammelsurium verschiedener Einzelteile. Es gibt eine Fachwerkwand, bei der Wandrähm und Gesimsbalken elegant profiliert sind. Die Wand scheint als Ganzes irgendwo ausgebaut und hier wieder aufgestellt worden zu sein. Die Ausblattungen und Nuten an den mächtigen Deckenbalken aus Kiefer zeugen von hoher Handwerkskunst und lassen vermuten, daß sie aus einem großen Gebäude stammen. Am Waaghäusle wurden sie fast lieblos nur mit Dollen auf der Fachwerkwand fixiert. Die Sparren sind aus Fichten- und Eichenholzbalken zusammengewürfelt, oft krumm und nur teilweise behauen. Aber sie wurden aber sorgfältig verzimmert, um eine gerade Dachfläche zu schaffen. Der Reiz des Gebäudes liegt in diesen Gegensätzen: hochwertiges Material und großes handwerkliches Geschick stehen minderwertigen Baustoffen und schlechter Ausführung gegenüber. Bei der Sanierung wurde versucht, diese Spannung zu erhalten. Es wurden einfache Lösungen gesucht, die zweckdienlich sind. Das Gebäude sollte nicht zu etwas gemacht werden, das es niemals war. Und obwohl das Waaghäusle wieder strahlt, sind die schönen alten Unzulänglichkeiten erhalten geblieben.