- Fertigstellung: 30.11.2016
- Kategorie: Holz 2017
- Unternehmen: SCHLOSSER Holzbau GmbH
Das ehemalige Wohnhaus des Scharfrichters aus dem 15./16. Jahrhundert ist ein zweigeschossiger Massivbau mit kräftigen Gesimsen, Kielbogenportal und Satteldach. Ab 1580 ist für Dinkelsbühl ein eigener Scharfrichter bezeugt, der seine Wohnung in diesem Haus am Muckenbrünnlein hatte. Die Scheune aus dem 17. Jahrhundert mit den Fachwerk-Obergeschossen ist mit dem Wohnhaus durch einen Obergeschossgang verbunden. In der Scheune wurde 1908 eine Regelbullenhaltung eingerichtet. Später wurde jegliche Nutzung aufgegeben und die Gebäude standen leer.
In eigener Regie entwickelten wir ein neues Gebäudekonzept für hochwertiges Wohnen, mit dem Anspruch den Charakter der unaufdringlich wirkenden Gebäude zu erhalten und den Denkmalschutzanforderungen gerecht zu werden. Für das Scharfrichterhaus war schnell eine passende Lösung für die Gliederung im Innern gefunden. Die angrenzende Scheune mit den zwei sehr hohen Etagen und dem gegebenen Fachwerk bedurfte eines erheblichen Planungseinsatzes und viel Kreativität. Im Ergebnis konnten mit großem Einsatz vier Geschosse geschaffen werden und dabei sind alle bestehenden Fensterausschnitte mit der korrekten Brüstungshöhe sowie das gesamte Fachwerk belassen worden. Für die beiden Gebäude entstand so ein stimmiges Konzept mit neun charmanten Wohnungen.
Das Gebäude wurde vollkommen entkernt und das Gefache des Fachwerks vollständig entfernt. So stand im Bauverlauf kurzfristig nur noch das Gebäudeskelett. Wo notwendig konnte das Fachwerk stil- und materialgleich aus dem Bestandsbalken der ursprünglichen Decken saniert werden. Allgemein verwendeten wir so viel des „Altmaterials“ wie möglich für die sichtbaren Decken, Innen- und Außenwände. Im Rahmen des Energiekonzeptes sind die Fachwerke mit einem Einblasverfahren lückenlos Cellulose gedämmt und die Massiven Geschosse über einen 10 cm starken Innendämmputz versehen. Auch die Fenster entsprechen der Energieeinsparverordnung und sind an die speziellen Denkmalschutzauflagen der Stadt Dinkelsbühl mit Sprossen angepasst. Insgesamt kann gesagt werden, dass großer Wert auf natürliche Materialien und den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen gelegt wurde.
Viele kleine und große Maßnahmen unterstützen das Konzept für das hochwertige Wohnen und ein stilechtes, historisches Gebäude. Mehr Licht in den großen Dachflächen der ehemaligen Scheune bringen auf beiden Seiten der Scheune je acht artgerechte Dachgauben. Für das barrierefreie Wohnen sorgt unter anderem ein Aufzug. Die Atmosphäre von früher schaffen die ursprünglichen Balkenkonstruktionen in allen Wohnungen mit dem besonderen Highlight des zum Bad umgebauten Gewölbes im Haus. Auch das große Scheunentor konnte im Konzept sinnvoll als zentraler, heller Eingangsbereich umfunktioniert werden und prägt das Gesamtbild. Das Farbkonzept ist zurückhaltend an die Umgebung und den historischen Ursprung angepasst. So ist es gelungen modernes Wohnen, innovativen Holzbau und den sensiblen Umgang mit dem Bestand in Einklang zu bringen.
Die vollkommen unaufdringliche, ursprüngliche Wirkung von Scharfrichterhaus und Scharfrichterscheune sind das Ergebnis einer einfühlsamen Planung und Sanierung im moderneren Holzbaukontext. Ein Rückzugsort für hochwertiges Wohnen und Ruhe mitten in der Altstadt.