- Fertigstellung: 16.12.2019
- Kategorie: Bauwerkserhaltung
- Unternehmen: Bennert GmbH
Die Klosteranlage in Walkenried – Anspruchsvolle Sanierungsmaßnahmen
Wenn die Mitarbeiter um unseren Vorarbeiter Holger Wipprecht, unter anderem Thomas Korinth und Giancarlo Nisi, zwischen den denkmalgeschützten Ruinen des Zisterzienserklosters Walkenried entlang gehen, dürfte schon fast das Gefühl von Vertrautheit aufkommen. Denn bereits zwischen 2012 und 2015 wurden an der zu den größten gotischen Kirchen Norddeutschlands zählenden Ruine durch unsere Firma zahlreiche Sanierungsmaßnahmen am Südquerhaus, südlichem Langhaus und Westportal ausgeführt (BA I bis III). Zudem durften unsere Maurer und Zimmerer am 200 Meter entfernten ebenfalls zum Kloster gehörenden Herrenhaus tätig werden. Gemeinsam mit dem Bergwerk Rammelsberg, der Altstadt von Goslar und der Oberharzer Wasserwirtschaft bildet das Kloster Walkenried das Welterbe-Ensemble einer der ehemals größten Montanregionen in Europa. Beeindruckend ist die Einstufung als Industriedenkmal vor allem deshalb, weil das Kloster neben einer Glaubenseinrichtung auch ein Wirtschaftskonzern war. Neben Bergbau und Verhüttung verhalfen die Agrar- und Montanwirtschaft dem Kloster zu wirtschaftlicher Blüte. Schnell gehörte das im 13. Jahrhundert erbaute Kloster zu einer der reichsten und bedeutendsten Zisterzen.
Der Zisterzienserorden wurde im Jahr 1098 im französischen Cîteaux gegründet. Er erlebte innerhalb kürzester Zeit einen unglaublichen Aufschwung. Um 1150 zählte der Orden ungefähr 330 Klöster. Ein Jahrhundert später waren es bereits 647. Damals gehörten dem Orden etwa 20.000 Mönche an. Ihre Kulturleistungen waren beachtlich, unter anderem bewirkten sie eine Revolution der Bautechnik. Während man bis dahin meist so baute, dass jedes Bauelement erst dann gefertigt wurde, wenn man es benötigte, fertigten die Mönche standardisierte Bauteile auf Vorrat. Diese arbeitsteilige Vorgehensweise bot sich an, weil sie bewusst auf Ornamente und sonstigen Bauschmuck verzichteten und weil alle Klöster nach einem relativ einheitlichen Bauplan errichtet wurden, der jeweils den lokalen Bedingungen angepasst wurde. Das führte zu einer geordneten Art der Baustellenorganisation, wie es sie bis dahin im Mittelalter nicht gegeben hatte. Insgesamt brachte die neue planmäßige und arbeitsteilige Vorgehensweise nicht nur eine Beschleunigung mit sich, sondern bewirkte generell eine Qualitätssteigerung im Bereich des Bauwesens.
Umso erstaunlicher, dass das Imperium ab dem 14. Jahrhundert, bedingt durch die Pest und die Stagnation im Bergbau, seinen Niedergang antrat. Heute erinnern nur noch die aus der gotischen Erbauungszeit bestehenden Ruinen mit ihren Mauerresten an die einstige Glanzzeit.
Doch auch diese Mauerreste sind mittlerweile vom Verfall bedroht. So stellte man an der von uns zu sanierenden südlichen Seitenschiffwand der Klosterkirche einen „umgehenden Sanierungsbedarf“ fest. Eine unzureichende Gründung, Durchfeuchtung des gipshaltigen Mauerwerks aufgrund offener Fugen und Treibmineralbildung durch Altsanierungen mit zementhaltigen Bindemitteln gefährden aktuell den historischen Bestand. Bei der Sanierung hatte die Erhaltung der gotischen Bausubstanz oberste Priorität, weshalb eine Rückverformung der Bauteile oder ein Rückbau von früher verbauten Materialien ausgeschlossen war. Stattdessen sollte das Eindringen von Wasser in das gipshaltige Mauerwerk verhindert werden. Dies wurde durch Erneuerung der Fugen, konservatorischen Oberflächenverschluss von Rissen im Naturstein sowie durch Klebung und Verschluss von witterungsanfälligen Kavernen in dem zum Teil stark porigen Kalkstein erreicht. Mit Beton ergänzte Partien verblieben im Bestand, sofern sie noch fest waren und nicht hohl lagen. Die vorhandene technisch und optisch unbefriedigende Abdichtung der Mauerkrone wurde durch Aufbringung einer mit gezielter Wasserführung angeformten Bleiabdeckung erneuert. An der Oberfläche extrem stark abgewitterte Steine wurden zurückgearbeitet und mit circa 10 cm starken Vierungen ergänzt. Insgesamt wurden 140 Einzelsteine mit Einzelgewichten von bis zu 320 kg ausgetauscht oder ergänzt und 120 Vierungen eingesetzt.