- Fertigstellung: 27.12.2017
- Kategorie: Holz 2019
- Unternehmen: Zimmerei Seidt
Generalsanierung Wohnhaus im Wasak, Alpirsbach
Topografie: Das Gebäude befindet sich im inneren Klosterbezirk noch innerhalb der Klostermauer und ist mit der rückwärtigen Traufseite auf die Mauer aufgesetzt. Im Südosten befindet sich die Klosterkirche mit Ihren gewaltigen Mauern und dem großen Dach.
Gebäude außen: Vor allem der massive, nach außen geneigte Giebel gegen Osten, der am First gut 50 cm überhängt deutet auf ein ehemals bedeutendes Gebäude hin. Gut erkennbar ist noch eine große Ladeöffnung ins Dachgeschoß wo heute die Balkontür eingebaut ist. Auffällig sind auch die Fenstergewände aus rotem Sandstein die von der Ausarbeitung her sehr gut in die Renaissance passen. Dagegen spricht die eingemeißelte Jahreszahl 1834, die wahrscheinlich nachträglich angebracht wurde.
Gebäude innen: Im Erdgeschoß ist im hinteren Bereich ein Gewölbekeller eingebaut, der evtl. aber erst später eingebaut wurde. Es befindet sich ein Rundbogen zum Nachbargebäude darin, der zugemauert ist. Vermutlich war dies ein alter Zugang von Außen. Auf der rechten Seite kommt man in den Raum unter der Stube wo die breiten Deckenbalken mit Lehmwickelverstrich noch gut sichtbar sind. Die Raumhöhe beträgt ca. 2,10 m. Im hinteren Bereich müssen sich Stallungen befunden haben, sämtliche Deckenbalken waren derart geschädigt, dass vor dem Auflager ein Unterzug vor der Stadtmauer gesetzt wurde. (Dendro Winter 1657 /58)
Im OG ist das markanteste Bauteil eine Wand mit Staken und Wiedengeflecht, die verputzt ist. Eine dendrochronologische Untersuchung deutet auf das Entstehungsjahr Winter 1497/98 hin. Sie konnte weitestgehend erhalten werden. Ein wunderschöner Eselsrücken in dieser Wand lässt noch einen alten Durchgang erkennen, der aber mit einem Riegel und Ausmauerung verschlossen wurde. Im Giebel zum Nachbarhaus sind noch einmal zwei sehr schöne Rundbogen aus Sandstein erhalten. Im größeren Hausbereich befindet sich noch eine schön vertäfelte Stube mit Wand- und Deckenvertäfelung was wieder eingebaut werden konnte. Zu erwähnen ist noch die gut erhaltene Ofenplombe in der Wand zwischen Stube und ehemaliger Küche (jetzt Schlafzimmer).
Im Dachgeschoß befindet sich noch eine sehr alte Holzkonstruktion mit 2 liegenden, verblatteten Bindern und Pfosten vor den massiven Giebelwänden. Die Pfosten wurden von Blattsassen, die vom Kehlbalken bis in den darunter liegenden Deckenbalken reichten, gehalten. Zur Verstärkung des Dachstuhls sind heute zwei Mittelpfetten eingezogen, die die neuen Lasten aufnehmen. Die Zimmerertypischen Abbundzeichen lassen sich noch an jedem Kehlbalken ablesen und reichen von I bis XIIII.
Bei der Restauration musste der Dachstuhl an einem Bund um ca. 30 cm angehoben werden! Bemerkenswert ist auch die eindeutige Zweitverwendung einiger Hölzer, die Ausblattungen und Kämme ausweisen die dort nicht hingehören. Die Bundstreben sind gesägt, ebenso sämtliche Kehlbalken, was in dieser Form unüblich ist. Wahrscheinlich gab es in der Nähe schon eine Sägemühle dass diese Art der Holzbearbeitung eingesetzt wurde.
Umbauphasen: Im Zuge der dendrochronologischen Untersuchung konnten mehrere Umbauphasen datiert werden. Die Erbauungszeit des Gebäudes dürfte auf das Jahr 1498 fallen. Das Kloster war zu diesem Zeitpunkt in seiner Blütezeit angekommen. Der Unterzug vor der Stadtmauer lies sich eindeutig auf eine Winterfällung von 1657 /58 datieren. Dies ist stimmig, man bedenke, das Gebäude war da schon 160 Jahre alt! Es ist gut möglich, dass die Balkenköpfe in der Stadtmauer schon abgefault waren. 1840/ 41 lässt sich im OG und DG eine größere Umbaumaßnahme nachweisen. Auch einzelne Sparren sind in diesem Zeitraum ersetzt worden. Ab 2016 erfolgte dann die umfangreichste Restaurierung seit dem Bestehen des Gebäudes durch den Restaurationsbetrieb Zimmerei Seidt.
Funde: Einige bemerkenswerte Funde konnten sichergestellt werden. So z. B. über dem alten Gewölbekeller einige Stoffreste, die sich nun im Landesdenkmalamt befinden.
Ein großer gut erhaltener Biberschwanzziegel mit Spitzschnitt in der Form wie sie auf dem Klosterdach eingedeckt waren. Desweiteren gut erhaltene Bodenfliesen wie Sie im Refektorium (Speisesaal) des Klosters noch heute zu finden sind. Auch ein Kamm, gefertigt aus einem Kuhhorn konnte sichergestellt werden.
Zusammenfassung: Durch die gute Zusammenarbeit von Architektin, Bauherr und qualifizierten Handwerkern konnte dieses Kleinod der Alpirsbacher Altstadt wieder belebt und einer neuen Nutzung zugeführt werden. 520 Jahre gehen an einem Haus nicht spurlos vorüber, da bedarf es einer Generalsanierung wie im vorliegenden Fall. Erstaunlich ist, dass im Klosterplan vom LDA 2001 das Gebäude erst um 1810 auftaucht! Dabei war dieses Gebäude schon im 15. JH an dieser Stelle (vermutlich vom Kloster) erbaut worden.